Der Psychologe und Traumaforscher Jan Ilhan Kizilhan vom Institut für Transkulturelle Gesundheitsforschung an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Stuttgart arbeitet seit Jahren mit Menschen, die von Krieg und Krisen traumatisiert sind. Im SWR-Interview mit Nicolas Friese und Marc-Julien Heinsch spricht er darüber, was Zuversicht ist, was sie leisten kann - und was nicht.
Ein Auszug aus dem Interview
SWR Aktuell: Ist Zuversicht ein Persönlichkeitsmerkmal? Gibt es Leute, die von Natur aus zuversichtlicher sind als andere?
Prof. Kizilhan: Ja, sicherlich. Lassen Sie es mich mal so formulieren: Zuversicht ist so etwas, wie ein psychologischer Muskel. Er wächst, wenn wir ihn benutzen und er verkümmert, wenn wir ihn vernachlässigen. Zunächst hängt das aber auch von meiner Resilienz – also von meiner angeborenen Widerstandskraft – ab. Bei den einen ist sie weniger, bei den anderen stärker entwickelt, die teils genetisch, teils biografisch geprägt ist. Dadurch kann jemand eine Belastung besser bewältigen, der andere weniger. Aber das bedeutet nicht, dass eine schwächere Resilienzentwicklung mein Schicksal ist. Wir können trotzdem lernen, unsere Resilienz zu stärken. Ich kann sie fördern, aber muss daran arbeiten. Er lässt sich trainieren. Das Gehirn reagiert messbar auf hoffnungsvolle Gedanken - besonders der Hippocampus, der präfrontale Kortex und die anteriore cinguläre Hirnrinde zeigen dann erhöhte Aktivität. In der Neurobiologie weiß man zudem: Positive Antizipation führt zur Ausschüttung körpereigener Opioide, die Stress reduzieren und Schmerz lindern - ein echter neurobiologischer Schutzfaktor.