03.05.2023

Weiterbildung für Fachkräfte aus den Erdbebengebieten

Am 6. Februar haben zwei starke Erdbeben die Türkei und Nord-Syrien erschüttert. Mehr als 55.000 Menschen kamen aktuell ums Leben und circa 13 Millionen Menschen sind betroffen bzw. teilweise obdachlos. Viele Menschen vor Ort sind schwer traumatisiert. Die betreuenden Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen sind oftmals Betroffene und Helfende zugleich, was eine doppelte Belastung darstellt.

Weiterbildung zur Psychotraumatologie und Traumaverarbeitung

Auf Initiative und unter Leitung von Professor Dr. Dr. Jan Ilhan Kizilhan haben 20 Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen aus der Erdbebenregion in der Türkei und Syrien im April an einer Weiterbildung zur Psychotraumatologie und Traumaverarbeitung teilgenommen. Ziel ist, neben der akuten Hilfe vor Ort, langfristig ein Netzwerk aufzubauen, damit Überlebende präventiv beraten und begleitet werden und die akuten wie auch die dauerhaften psychischen Folgen behandelt werden können.

Rasche psychologische Unterstützung für die Betroffenen ist notwendig

Nach dem Erdbeben ist als Maßnahme der Sekundärprävention eine rasche psychologische Unterstützung für die Betroffenen notwendig. Hierfür ist der Aufbau einer psychosozialen Versorgungsstruktur in den betroffenen Gebieten erforderlich, da die Zahl der zu Betreuenden auch in den nächsten Monaten sehr hoch sein wird. Von daher ist es für Professor Kizilhan sehr wichtig, so schnell wie möglich Psycholog*innen, Ärzt*innen und Sozialarbeitende aus der Erdbebenregion zur Psychotraumatologie und Traumaverarbeitung zu schulen.
„Die besondere Herausforderung für die Fachkräfte ist die große Anzahl an behandlungsbedürftigen Personen und damit die geringe Anzahl an möglichen Therapiesitzungen pro Person. Es gilt, in kurzer Zeit möglichst vielen Menschen zu helfen“, spezifiziert Professor Kizilhan, Leiter der transkulturellen Abteilung und Direktor des Instituts für transkulturelle Gesundheitsforschung (ITG) an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

Inhalte: Notfall-, Kinder- und Jugendpsychologie sowie Narrative Expositionstherapie (NET)

Die Weiterbildung fand an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg statt. In fünf Tagen wurden unter anderem Inhalte zu Notfall-, Kinder- und Jugendpsychologie sowie zur Narrativen Expositionstherapie (NET), die besonders für die Anwendung in Krisengebieten geeignet ist, vermittelt.

Auch die Transkulturelle Abteilung der MEDICLIN Klinik am Vogelsang hat sich auf die Behandlung von Familienmitgliedern, die nahestehende Menschen verloren haben und u.a. unter einer sekundären Traumatisierung leiden, vorbereitet.

Begrüßt wurden die Teilnehmer*innen unter anderem auch vom Bundestagsabgeordneten Max Lucks (Mitglied im Ausschuss für  Menschenrechte und humanitäre Hilfe). Neben der Weiterbildungsteilnahme stand für die Teilnehmenden auch ein Besuch bei Mutherem Aras, Präsidentin des baden-württembergischen Landtags, auf dem Programm.

Mit unserem Lehrgang können wir einen kleinen Teil dazu beitragen, das Leid der Menschen zu lindern. Es freut uns sehr, dass den Fachkräften die Teilnahme an der Weiterbildung ermöglicht wurde und sie so mit neuen Impulsen an ihre wichtige Arbeit gehen können.

- Prof. Dr. Dr. Jan Ilhan Kizilhan